54
ander stehender Pfeifen und ein Bergschloß mit mehreren kleinen
Thürmen. In der dritten Höhll befindet sich ein Taufstein mit
drei darumstehenden Marmorklötzen, denen man die Ehre erwiesen hat,
sie Pathen oder Taufzeugen zu nennen, ein Zuckerhut, ein Todten-
kopf, eine Hand, ein versteinertes Herz, die Eingeweide eines Thie-
res und ein Kinderkopf; in der vierten außer anderen Gegenständen
eine starke, über 2^ hohe, inwendig hohle Säule, die mit einem Stocke
geschlagen, dumpfe, schauerliche Töne, wie Grabgeläute erklingen läßt.
In der fünften Höhle erhebt sich auf 4 Pfeilern der Ölberg; nicht
weit davon ist eine Stadt, eine Kanzel, ein Positiv (kleine Orgel),
eine Eule, zwei kleine Thürme und ein Kirchenthor. Die sechste
Höhle liegt sehr tief, bietet aber sonst keine Merkwürdigkeiten dar.
Um den Eindruck zu erhöhen und alles auf einmal besser übersehen
zu können, ließ der Vater drei dieser Höhlen durch eine eigenthümliche
Mischung von Kalk, Phosphor u. dgl. erleuchten, was in der einen
beim allmählichen Verlöschen wiederholt die Erscheinung darbot, als würde
die Luft von Blitzen durchzuckt.
Nachdem wir so eine gute Stunde im Innern der Erde umher-
geklettert und des Wunderbaren in so großer Menge angestaunt hatten,
waren wir wieder zur ersten Höhle zurückgekommen, in der uns einer der
Führer zum Schluß aus dem hier befindlichen, nie versiegenden kleinen
Brunnen ein Glas frisches Trinkwasser reichte, von dem ich jedoch aus
Furcht, meinen Magen zu versteinern, nicht viel genoß; mein Vater
löschte jedoch seinen Durst ganz vollständig, und wie ich sehe, hat es
ihm nichts geschadet.
Außerdem zeigte man uns hier auch noch einige Überreste, d. h.
Knochen von vorweltlichen Thieren, die, nach des Vaters Meinung,
wohl dem Höhlenbären angehören mögen.
Zuweilen nimmt man Musiker mit in die Höhle und läßt ein
Concert darin aufführen; ja vor zwei Tagen hatte sogar eine Gesell-
schaft darin getanzt. Das vermöchte ich nicht! In mir wollte das
Gefühl der Bewunderung keinem andern Platz machen, am wenigsten
einem solchen, welches Tanzende haben. Alles, was man sieht, erinnert
hier an Gottes Macht und Größe und stimmt zur Andacht.
Einen eigenthümlichen Eindruck macht es, wenn man aus diesen
dunkelen Gewölben auf einmal wieder in die Tageshelle tritt: man
wird fast geblendet, fühlt sich aber wieder recht leicht und froh ums
Herz und erinnert sich dabei unwillkürlich des unglücklichen Entdeckers
der Höhle, des Bergmanns Vaumann. Er bahnte sich, getrieben
von Neugier und Verlangen nach Erzen, mit unsäglicher Mühe und
Beschwerden einen Weg durch den schon bezeichneten engen Eingang
und gelangte so glücklich in die ersten Abtheilungen der Höhle. Beim
weitern Vordringen erlosch ihm aber plötzlich sein Grubenlicht, und er
tappte nun, umgeben von der dichtesten Finsterniß, in diesen furchtbaren
Schlünden umher, vergeblich den Ausgang suchend. Sein Angstruf
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
63
Und als mit fester E i s e n h a n d
Held Karl den deutschen Zepter führte,
Da war es, wo im Weserland
Sich manche Stimme mächtig rührte;
Da hörte man des Kreuzes Ruf
Mit hellem Klang an den Gestaden,
Und sah der Frankenrosse Huf
Sich in den nord'schen Wellen baden.
So meldet sie dir manchen Traum
Aus ihrer Vorzeit grauen Tagen
Und steht dabei des Lebens Baum
Stets frisch an ihren Ufern ragen;
Es glänzen in der lichten Fluth
Der Klöster und der Burgen Trümmer,
Des Mondes und der Sonne Gluth,
Des Thurmes und der Segel Schimmer.
Und meerwärts durch ihr F el se n th or,
Durch immer wechselnde Gefilde
Strömt sie die Welle leicht hervor
Wie jugendliche Traumgebildc.
In ihren Tiefen klar und rein
Hörst du es seltsam weh'n und rauschen,
Und kannst bei stillem Abendschein
Der Nixe Wunderlied belauschen.
(F. Dingelstedt.)
^isäsibolunaskiaasn! —
Beschreiben! —
2s. Die drei freien Städte.
(19-21.)
Von den vielen freien Städten des alten deutschen Reiches
sind nur 3 übrig geblieben: die großen Handelsstädte Hamburg,
Bremen und Lübeck. Sie liegen in Niederdeutschland, zwar
nicht unmittelbar an dem Meere, aber doch nahe genug, um vermittels
der in ihrer Nähe mündenden Flüsse Seehandel treiben zu können.
Die unbedeutendste der drei Städte ist jetzt Lübeck. Vor Zeiten
dagegen war sie eine der mächtigsten Städte in ganz Deutschland; sie
stand damals an der Spitze des großen deutschen Städtebundes, der
Hansa, wovon ihr später mehr erfahren werdet. Durch verschiedene
Ursachen aber ist sein Handel nach und nach in Verfall gekommen,
und es hat jetzt nur noch Spuren seiner ehemaligen Größe. Seine
52,000 Einwohner machen nur ungefähr die Hälfte der Bevölkerung
Bremens aus, und Hamburg hat sich zu einer fast fünfmal stär-
keren Einwohnerzahl erhoben. Unter den alten Gebäuden Lübecks sind
viele sehr ansehnlich und hoch, wodurch die Stadt ein gar stattliches
Ansehen erhält. Es sind sogar zwei Kirchen da, deren jede zwei gleiche
Thürme besitzt, wovon jeder wieder zu den höchsten in Deutschland ge-
hört. In einer dieser Kirchen befindet sich nicht nur eine äußerst große
Orgel, sondern auch eine Uhr, welche nicht bloß die Stunden, Tage
und Jahre, sondern auch den Aufgang der Sonne, die Finsternisse an
Sonne und Mond und Ähnliches angiebt.
Hamburg ist eine der großartigsten Städte in Deutschland überhaupt,
und trotz der Verluste, die sie durch den großen Brand im Jahre
1842 erlitten hat, die reichste Handelsstadt Deutschlands. Ihre
238,000' Einwohner leben fast alle von dem Handel und der Schiff-
fahrt, und die ganze Stadt ist für solche Zwecke eingerichtet. Des-
halb ist sie großentheils von Kanälen durchschnitten, worauf man
die Waaren in die Magazine und heraus transvortirt, wodurch frei-
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Gluth
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Bremen Niederdeutschland Deutschland Bremens Hamburg Deutschland Hamburg Deutschland Deutschlands
66
fried war dazu bereit, richtete aber mit seiner ungeheuren Stärke so
viel Unheil an, daß ihn der Meister gern wieder los gewesen wäre.
Bald zerschlug der starke Knabe nämlich den Hammer, womit er
schmieden sollte, bald mißhandelte er die Gesellen, wenn ihn diese als
einen Lehrling necken wollten. Zuletzt sagte der Meister, um den
wilden Burschen zu verderben: „Nun so schmiede dir denn ein Schwert,
und M.che die Probe damit an dem Lind wurme dort im Walde."
Siegfried war froh und schmiedete, daß das Haus erdröhnte, und
daß die Gesellen vor Furcht fortliefen. Als das Schwert vollendet
war, sprang er hoch vor Freude und ließ sich von dem Meister den
Aufenthalt des Ungeheuers zeigen; aber mitgehen wollte niemand.
Bald traf der junge Held auch wirklich auf eine Quelle*), woraus
er seinen Durst zu löschen gedachte, die aber von dem Lindwurm
schon besetzt war. Der Kampf dauerte nicht lange; bald lag der
Kopf des Wurmes vor Siegfrieds Füßen, und das Blut rann in die
Quelle hinab. Da bekam Siegfried Lust, sich in diesem Blute zu
baden und siehe, von dem Bade wurde seine Haut so fest wie Horn.
Kein Pfeil, kein Schwert konnte eindringen, ein einziges Plätzchen
zwischen den Schultern ausgenommen, worauf beim Baden ein Linden-
blatt gefallen war. Dort blieb er verwundbar, und dort wurde er
später auch wirklich zum Tode getroffen.
Siegfried kam nämlich später nach Worms, um den dortigen
König, seinen Schwager, zu besuchen. Die Königin zu Worms war
aber neidisch auf ihre Schwägerin, die den starken Siegfried zum
Manne hatte, und dadurch reich an Ehren und Schätzen war. Des-
halb reizte sie einen ihrer Ritter, Namens Hagen, an, Siegfried
meuchelmörderisch umzubringen. Weil dieser aber den Fleck nicht
wußte, wo man den Helden verwunden konnte, so ging er zu dessen
Gemahlin und spiegelte ihr vor, er wolle den Helden im Kriege be-
schützen. „Sagt mir nur," sprach er, „wo Siegfrieds Haut nicht
hörnern ist, dann will ich beständig Acht geben, daß ihn dort keine
Lanze und kein Pfeil treffen kann." Die zärtliche Frau ließ sich be-
thören, entdeckte ihm das Geheimniß und nähte sogar ein rothes
Kreuzchen über das Plätzchen in Siegfrieds Kleid. Nun wurde eine
große Bären- und Eberjagd im Walde zwischen Worms und der
Bergstraße gehalten, und als Siegfried recht durstig sich nach einer
Quelle bückte, stieß ihm der Mörder eine Lanze an dem rothen Kreuz-
chen in den Rücken, und Siegfried wurde als Leiche nach Worms ge-
bracht. Sein Mörder und alle, die um die schändliche That
wußten, fanden aber später ihren Lohn. Andere Helden rächten Sieg-
fried's Tod.
') Der Sage nach seitwärts von Worms an der Bergstraße.
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
124
Kern und aus einer Schale, die den Kern überzieht, um ihn zu schützen.
Außer der groben, äußern, härtern Schale, die den zarten Kern vor
allen Verletzungen behüten muß, liegt zwischen ihr und dem Kern noch
eine feine, dünne Haut, damit die feste Schale den Kern nicht drücken
möge. So hüllt eine liebende Mutter ihr zartes Kind in mehrere
Tücher ein, um es zu schonen, und legt die feinsten Tücher gern zu-
nächst um des Kindes Glieder. Welche Fürsorge des Schöpfers für
das Allerkleinste in seiner Natur! Wie manche Eltern haben für ihre
eigenen Kinder und deren Gesundheit nicht so viel Sorgfalt, e,ls Gott
für das Leben des lleinsten, oft kaum dem Auge sichtbaren Samenkorns
der gemeinsten Pflanze. Aber auch das Innere des Samenkörnleins
ist merkwürdig. Man entdeckt darin einen kleinen Punkt, der erhaben
ist. Man nennt ihn das Herzchen; es ist der Keim der künftigen
Pflanze, der erste Anfang zum Kornhalm oder zum Eichbaum. Selbst
also auch die mehligen Theile sind nur eine Hülle; sie dienen dem
jungen Keim als erste Nahrung, so lange er, nicht hervorgetrieben,
noch keine Wurzeln und Blätter gebildet hat, um Nahrung aus Luft
und Erde einzusaugen. Sie sind dem jungen Pflanzcnkinde gleichsam
die erste Muttermilch, durch welche es erhalten wird, bis es fähig ist,
stärkere Kost zu genießen. — Wenn nun im Frühjahre die Strahlen
der Sonne den aufgethauten Erdboden durchwärmen, regt sich der
wohlverwahrte Keim und schwillt von der Nahrung, daß die ihn um-
gebende Schale zerplatzt und er hervordringen kann. Die Kraft, welche
dieser schwache Keim hat, ist erstaunenswürdig, indem er den Kern an-
schwellt. Wenn man ein Gewicht von hundert und fünfzig Pfund auf
Erbsen legt, die man durch Anfeuchtung zum Keimen lockt, so wird
das Gewicht durch das Schwellen der Erbsen bewegt, und der Keim
dringt hervor! Woher diese außerordentliche Stärke? Wie kann solche
Kraft in einem so zarten Keime wohnen, den der Finger eines Kindes
zerstört? — Der scharfsinnigste Künstler auf Erden und der gewaltigste
der Fürsten, dessen Winken Millionen gehorchen, können sie ein einziges
Samenkorn machen? —
45, Die Pflanzen und das Licht.
Die Pflanze hat ein wesentliches Verhältniß zum Lichte.
Das Licht giebt den Pflanzen vorzugsweise die Mannigfaltigkeit und die
reine Ausbildung ihrer Farben und ihres Glanzes. Sie bekommen am
Licht erst Saft und ein kräftiges, selbstständiges Leben. Ohne Licht werden
sie wohl größer, aber bleiben geschmack-, färb- und geruchlos. Sie
kehren sich daher dem Lichte zu. Kartoffelpflanzen, die in einem Keller
ausschlagen, kriechen von entfernten Punkten, viele Meter weit, auf dem
Boden nach der Seite zu, wo ein Lichtloch ist, und ranken sich, als
ob sie dm Weg wüßten, an der Mauer hinauf, um die Öffnung zu
erreichen, wo sie des Lichtes genießen können. Die Sonnenblumen und
eine Menge anderer Blumen richten sich nach der Bewegung der Sonne
am Himmel und drehen sich nach ihr hin. Abends, wenn man von
144
zubinden und heimzuschaffen; das Stroh ist zum Streuen und Düngen
weit geeigneter als irgend ein anderes Gewächs, denn es giebt ein
elastisches Ruhelager für das Vieh, in seine Höhlungen dringt die Mist-
jauche mit Leichtigkeit ein und befördert die schnelle Verwesung. Überdies
dient es zu allerlei Kunstarbeiten, zu Strohhüten, Körben, gestochtenen
Decken und Matten. Endlich deckt man noch an vielen Orten die Dächer
mit Stroh, obgleich man gefunden hat, daß die Wohlfeilheit derselben
die Gefahr bei Feuersbrünsten nicht vergütet. Der tüchtige Landmann
weiß sein Stroh jetzt bester zu verwenden, als es auf das Dach zu legen,
und manche Regierungen haben die Strohdächer geradezu verboten. Den
Samen tragen die Halmenfrüchte entweder in Ähren, d. h. in dicht an
einander schließenden Hülsen (Spelzen) oder in Rispen, d. h. in trauben-
artig hängenden gestielten Samenhüllen. Von der ersten Art ist We'izen,
Roggen, Gerste, von der andern der Hafer. Einige Getreidesorten
lassen beim Dreschen sogleich den reinen Kern gehen, andere behalten
noch eine Umhüllung (Spelz), welche auf besonderen Mühlen abgeschält
werden muß. Die letzteren heißen rauhe Früchte.
Überhaupt herrscht eine große Mannigfaltigkeit unter dem Getreide.
Sorten, welche in der einen Gegend vortrefflichen Ertrag liefern, miß-
rathen in der andern. Man muß also die Erfahrung um Rath fragen,
nicht steif bei dem Alten beharren, aber auch nicht durch unnöthige
Neuerungen Zeit und Geld einbüßen.
Der Roggen heißt, weil er in Deutschland die vorherrschende Brod-
frucht ist, auch Korn. Es giebt Sommer- und Winterroggen.
Der Sommerroggen entgeht zwar der Gefahr, im Winter durch Kälte,
Näffe, Schnecken oder Mäuse zu leiden, Liefert aber bei weitem nicht
so gutes Mehl, als der Winterroggen. Überhaupt ist der Unterschied
unter den Körnern je nach dem Boden und der Gegend bedeutend ver-
schieden. Das von den Küsten der Ostsee und aus Polen kommende
Korn hat bei weitem nicht die Güte des im Innern von Deutschland
erzeugten.
Eine wärmere Gegend und einen beffern Boden erfordert der Wei-
zen, die schönste aller Getreidearten. Sein glattes, Helles Korn mit
blendend weißem Mehle hat ihm den Namen weiße Frucht, und seinen
Ähren die Ehrenbenennung goldene Ähre verschafft. In der That
steht ein blühendes oder reifendes, vom Winde bewegtes Weizenfeld
herrlich aus und verkündigt gewissermaßen schon die Fruchtbarkeit einer
Gegend. Das Weizenbrod ist indessen weniger kräftig, als das
Roggenbrod und wird auch leichter trocken. Im Ganzen gilt der
Weizen als die edelste und zu den verschiedensten Zwecken nutzbarste
Gattung des Getreides.
Der Spelz oder Dinkel kommt ihm bei weitem nicht gleich, wenn
auch sein Mehl weißer aussieht. Denn das Mehl trocknet schnell, so
daß das daraus Gebackene nur frisch einen angenehmen Geschmack besitzt.
Die Körner sind aber auch mit rauher Schale (Spelz) umgeben, so
daß sie weder ein schönes Aussehen haben, noch auch unmittelbar zum
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ostsee Polen Deutschland
164
des Ungeheuers gewandert sein, denn er war bis oben angefüllt. Auch
wir wurden ohne Umstände hineingeworfen, nachdem man vorher einen
Kasten voll Kohlen hineingeschüttet hatte. Die Hitze war so gräßlich,
daß wir zerschmolzen und flüssig wie Wasser wurden. Ein starker
Wind brauste nämlich unaufhörlich durch zwei Öffnungen in den Ofen
hinein und hetzte das Feuer der Kohlen, womit der Ofen außer uns
Steinen noch angefüllt war, ohne Unterlaß auf uns los. Der Ofen
wäre wohl selbst zerschmolzen, wäre er von Eisen und nicht von feuer-
festem Sandstein gewesen. Mancher unreine Anhang von unserm früheren
Aufenthalte aus der Unterwelt her trennte sich hier als Schlacke von
uns, und wir wurden hier gereinigte und geläuterte Wesen, so
daß ich's den Leuten Dank weiß, die mich in diesen Feuerofen brachten.
Als wir ihn von oben bis unten durchwandert hatten, wurde er ge-
öffnet, und schnell wie Waffer lief ich hinaus, feuerroth von Hitze,
meine Kameraden hinterdrein; vor der Thür des Öfens erstarrten wir
in Rinnen, die man in Sand eingedrückt hatte, und so wurden wir
zu einer Eisenstange. Als solche haben wir noch ins Feuer verschiede-
ner Hammerhütten wandern müssen, zerschmolzen aber nicht wieder;
denn hatte uns das Feuer glühend roth gebraten, so holle uns ein
Manu mit einer gewaltig langen Zange wieder aus dem Feuer heraus,
legte uns auf einen Amboß und ließ im Takte einen Hammer auf
uns niederfallen, der so centnerschwer war, daß ihn die Zapfen der
Welle eines rauschenden Wasserrades heben mußten. Dabei hielt uns
der Mann immer mit der Zange fest, und obschon wir uns dehnten
und streckten, hielt er doch bald die eine, bald die andere unserer vier
Seiten unter die gewaltigen Hammerfchläge, daß die Funken sprühten.
Endlich war noch eine qualvolle Probe zu bestehen. Obgleich wir so
vielfach geschlagen waren, so mußten wir doch noch zwischen wagrecht
über einander liegende Walzen hindurchwandern, die so gewaltig
drückten, daß eine dünne Platte aus uns wurde. Diese zerschnitt
man in schmale, kurze Streifen und machte aus denselben eine Menge
Cylinder, so groß, daß sie das obere Glied eines Fingers decken
konnten. Auch ich ward zu einem solchen Cylinder geformt und freute
mich nicht wenig über meine Gestalt, die nun doch nach etwas aussah,
und ich glaubte fest, am Ziele meiner Bestimmung zu sein. Aber da
hatte ich mich getäuscht, denn mir wurde noch eine gewölbte Decke auf-
gelöthet, und wie du siehst, ist sowohl das Auflöthen der Decke, als
das Zusammenlöthen des Cylinders so geschickt gemacht, daß es aussieht,
als wäre ich aus einem Stücke gearbeitet. Ein mll eisernen Spitzen
besetztes Rad stach mir zuletzt noch meine Augen ein, und so war ich
denn endlich nach vielen Leiden ein nützlicher Fingerhut geworden.
Iii. Salze.
92. Die Salze.
Gewöhnlich versteht man unter dem Namen Salz nur das eine
Mineral, womit die Sveisen gewürzt oder gegen Fäulniß bewahrt
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
169
Umwälzung der Erdoberfläche in unterirdisches Feuer versanken und unter
den nachstürzenden Erd- und Felsenmassen Leim Zutritt des Wassers
verkohlt wurden, oder ist ein Erdharz der Hauptbestandtheil, welcher
andere Erdarten durchdrungen hat? Es giebt ja noch jetzt an manchen
Orten flüssiges Erdharz.
3. Mit mehr Sicherheit weiß man, daß die Braunkohlen durch
versunkene Wälder entstanden sind. Denn es finden sich in ihren Lagern
noch ganze Stämme mit Ästen, Blättern und Früchten, deren Gestalt
sich deutlich erkennen läßt. Auch sind die Braunkohlen bisweilen noch
so holzähnlich, daß man glaubt, es seien alte angebrannte Scheite.
Doch sind diese holzigen Stücke nicht die besten, sondern die glänzend
braunen, wie Harz schimmernden. Am wenigsten gut sind die wie Erde
zerfallenden, welche erst naß gemacht, in Formen gedrückt und getrocknet
werden müssen, um bequemer benutzt werden zu können. Merkwürdig
ist, daß in Gegenden, wo starke Braunkohlenlager sind, meistens auch
mineralische Wasser gesunden werden, z. B. in Hessen-Nassau. Um
sehr heftiges Feuer zu erzeugen, fehlt es den meisten Braunkohlen an
Brennkraft, auch gilt ihr Geruch noch für widerlicher als der der Stein-
kohlen; deswegen werden sie auch minder weit verführt, vielmehr meistens
nur in der nächsten Umgebung verbraucht.
4. Ähnlich verhält es sich mit dem Torfe. Er ist unter den
genannten Brennstoffen derjenige, der sich erweislich immer noch fort
erzeugt, und den man geradezu zu dem Pflanzenreiche rechnen könnte;
denn er besteht aus einem dichten Filze von Wurzeln, der mit erdigen
Theilen vermischt ist. Diese Wurzeln erzeugen sich in Mooren oder
Sümpfen mit solcher Schnelligkeit, daß man nach 10 bis 12 Jahren
eine ausgestochene Torfwiese auf's neue benutzen kann. Die Arbeit in
den Abzugsgräben, wie in den Torflagern ist sehr beschwerlich, da die
Lerrte im Wasser oder Sumpf stehen müssen; allein sie dauert auch nur
die wärmsten Monate des Jahres hindurch, denn die ausgestochenen
Platten müssen auf Haufen gesetzt und getrocknet werden. Die weniger
feste Masse muß man gleich Lehm in Formen drücken. Merkwürdig ist,
daß die besten.stücke am meisten zusammenschrumpfen, so daß also die
kleinsten Torfplatten oder Torfziegeln am meisten Hitze geben.
5. Von den übrigen brennbaren Mineralien ist der Schwefel
am bekanntesten. Seine Farbe hat zu dem Ausdrucke schwefelgelb Ver-
anlassung gegeben. Das läßt sich am Schwefelhölzchen sehen, so wie
auch, daß er beim Entzünden eine bläuliche Flamme giebt. Dabei ent-
wickelt sich eine Luft, welche uns am Athmen hindert und zum Husten
nöthigt. Auch der Geruch ist unangenehm. Durch Schwefeldampf werden
wollene Kleider gereinigt, aber auch Thiere, z. B. Bienen und Wespen,
getödtet. Selbst Menschen können darin ersticken. Da aber das Feuer
die nämliche Luft zum Brennen bedarf, wie der Mensch zum Athmen,
so läßt sich auch eine helle Flamme durch Schwefeldampf löschen. Brennt
es in einem Schornsteine, so kann man durch eine darunter gesetzte
Kohlenpfanne mit Schwefel den Brand ersticken. Auch die Eigenschaft
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
237
völlig besiegt und gesprengt. Napoleon war raschen Schrittes «Ulf
Berlin losgedrungen und hielt schon am 27. Oktober seinen Einzug
-in die trauernde Hauptstadt. In unerhörter Weise ergaben sich die
Festungen, und nur wenige Befehlshaber derselben hielten sich so
tapfer und standhaft, wie Courbier in Graudenz. Als die
Franzosen diesem Kommandanten sagen ließen: „es gebe ja keinen
König von Preußen mehr!" antwortete er: „Nun, so bin ich König
von Graudenz und werde mich zu vertheidigen wissen."
So der Oberst Gneisenau, der, unterstützt von dem Bürger Nettel-
beck, Kolberg rettete. Ebenso rettete der 75jährige Oberst Hermann
die Festung Pi'llau. Als die Franzosen vor derselben erschienen, rief
er die ganze Besatzung zusammen und ließ sie in einen Kreis treten, in
dessen Mitte ein Sarg stand; vor dem Sarge stand der Oberst selbst.
„Kameraden," sprach er, „lebendig übergebe ich die Festung
nicht/ Hier ist mein Sarg; wer mich überlebt, der lege mich
hinein. Wer ein braver Soldat ist, der schwöre: Preußen
oder Tod!" Alle schwuren — und die Festung konnte von den Fran-
zosen nicht genommen werden. —
Die Trümmer des preußischen Heeres vereinigten sich hinter der
Oder mit einem russischen Hülfsheere, und zwei Tage hinter einander,
am 7. und 8. Februar 1807, wurde die mörderische Schlacht bei Eilau
geschlagen, in welcher die Preußen ihren alten Waffenruhm wieder
bewährten. Aber am 14. Juni erfolgte die unglückliche, entscheidende
Schlacht Lei Friedland, in welcher Napoleon einen vollkommenen
Sieg über die verbündeten Heere der Russen und Preußen erfocht.
Friedrich Wilhelm sah sich zum Frieden genöthigt. Als Napoleon in
Tilsit mit dem Könige von Preußen zusammenkam, um Frieden zu
schließen, war auch die Königin Louise dabei. „Wie konnten Sie es
nur wagen, mit mir Krieg anzufangen?" ftagte der hochmüthige Sieger.
Da richtete sich die preußische Königin hoch auf. „Dem Ruhme
Friedrichs des Großen war es erlaubt, uns über unsere
Kräfte zu täuschen, wenn wir uns getäuscht haben!" ant-
wortete die Königin mit Würde — und der trotzige Sieger verstummte.—
Am 9. Juli wurde der Friede zu Tilsit geschloffen. Preußen
verlor nach diesem Friedensschluß fast die Hälfte seines Gebietes — alle
Länder westlich von der Elbe mit 5 Millionen Einwohnern. Aus
preußischen, braunschweigischen, hannöverischen und hessischen
Ländern bildete Napoleon ein neues Königreich, Westphalen,
mit der Hauptstadt Kassel, und setzte darüber seinen Bruder Hieronymus
als König. So stand jetzt ein kleines Frankreich im Herzen von
Deutschland! — Als aber Napoleon gegen Ende des Jahres 1812
aus Rußland durch Feuer, Kälte, Hunger und russische Waffen ge-
schlagen war*), da ging durch alle Herzen die fteudige Ueberzeugung,
daß jetzt die Stunde der Befreiung für das Vaterland gekommen sei.
Am 3. Februar 1813 erließ Friedrich Wilhelm von Breslau aus
*} 6. Seite 458 Nr. 28.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Courbier Gneisenau Hermann Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Friedrichs Friedrichs Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelm_von_Breslau Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Graudenz Bürger_Nettel- Kolberg Fran- Friedland Tilsit Kassel Frankreich Deutschland
254
gen Gefechten wurden die Österreicher binnen 8 Tagen auf allen
Punkten mit einem Verlust von 22,000 Mann an Todten, Verwunde-
ten und Gefangenen gegen 14 Meilen weit zurückgedrängt, und da-
durch zugleich die Vereinigung aller drei preußischen Armeen
hergestellt. Mit dieser Vereinigung war der Zeitpunkt gekommen,
wo der König Wilhelm den Oberbefehl über die Gesammt-Armee
übernehmen sollte. Am 30. Juni verließ derselbe Berlin und traf am
2. Juli in Gitfchin bei der Armee ein, sofort das Ober-Kommando
übernehmend. Viernndzwanzig Stunden später hatte der König mit
diesem größten preußischen Heere, welches je auf einem einzigen Schlacht-
felde versammelt war, eine der glänzendsten Schlachten geliefert, welche
die Kriegsgeschichte kennt — und das rvar:
31. Die Schlacht bei Königgrätz.
(3. Juli 1866.)
(Son einem Augenzeugen.)
„Nachdem am Nachmittag des 2. Juli dem Ober-Kommandeur der
I. Armee, Prinzen Friedrich Karl, gemeldet worden, daß die öster-
reuwche Armee sich vor Königgrätz in bedeutender Stärke conzentrirt*)
habe, und nachdem die Befehle des Königs eingeholt waren, wurde der
Beschluß gefaßt, es nicht auf einen feindlichen Angriff ankommen zu
lassen, sondern sofort selbst anzugreifen.
In der Nacht vom 2. zum 3. Juli rückte Prinz Friedrich Karl mit
der 1. Armee in gerader Richtung auf Königgrätz vor. Der erste Ka-
nonenschuß fiel gegen 7 Uhr Morgens. Der Feind entwickelte von An-
beginn des Artilleriekampfes an eine wahrhaft furchtbare Macht an Ge-
schähst. Er stand bei Sadowa vor einem dichten Gehölz, das seine
Batterien**) vorzüglich bestrichen und das allem Vordringen ein un-
überwindliches Hinderniß entgegenzusetzen schien. Bald nach 8 Uhr erschien
vor Sadowa, von wo aus Prinz Friedrich Karl das Gefecht dirigirte,
Se. Majestät der König Wilhelm, begleitet von einer zahlreichen
Smte***), in welcher sich u. A. Prinz Karl, der Großherzog von
Mecklenburg-Schwerin, Graf von Bismarck, General von
Moltke, der Kriegsminister General von Roon befanden. Der
König leitete und verfolgte vom Augenblick seiner Ankunft an mit ge-
spanntester, ernstester Aufmerksamkeit die Schlacht. Seine Erscheinung,
die im Verlaufe dieses denkwürdigen und glorreichen Tages noch so
v«l dazu beitragen sollte, den herrlichen Erfolg unserer Waffen zu
sichern, war majestätisch und schön, wie immer, aber ganz besonders
erfüllt von dem Ausdrucke einer Festigkeit und eines selbstbewußten
Muthes, wie ihn nur der Kriegsherr einer solchen Armee in sich tragen
kann. Man sah und fühlte: So sieht ein König aus, der siegen will!
*"> eonzentrirer, «= auf einem Punkte zusammenziehen/ vereinigen
**} Batterien --- Geschntzstand, die Geschütze selbst.
***) Suite --- Gefolge, Begleitung.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch]]
TM Hauptwörter (200): [T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T198: [Friedrich Schlacht Heer Schlesien Sachsen Armee Sieg General Mann Feind], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm Friedrich_Karl Friedrich Karl Friedrich_Karl Friedrich Karl Friedrich_Karl Friedrich Karl Wilhelm Karl Karl Graf_von_Bismarck General_von
Moltke General_von_Roon
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Gitfchin Mecklenburg-Schwerin
352
filde des Schreckens gerathe. Bald verräth ein weißer Glanz, der
Eisblink genannt, daß der Feind näher rückt. Ein donnerähnliches
Rauschen und Krachen wird vernehmbar. Ob dieses aus der Luft,
oder aus der Tiefe des Wassers kommt, laßt sich nicht unterscheiden.
Das Rauschen wird immer stärker und furchtbarer. Die ersten Vor-
posten des Feindes schlagen als lockeres Grundeis an das Schiff, und
bald ist es umringt von größeren und kleineren Eisschollen. Es gilt
jetzt, jeden Schritt mit der unglaublichsten Anstrengung den immer mehr
und von neuem andringenden Feinde abzukämpfen. In tausenderlei
Gestalten kommt er heran. Tagelang schickt er erst kleinere Schollen.
So weit das Auge reicht, zeigt sich oft nicht eine Stelle, wo sie nicht
wären. Mit diesen Gefahren ist der Kampf noch zu bestehen, aber
in ihrem Hintergründe stehen die Unbezwingbaren. Es sind Mesen-
schollen von einer solchen Größe, daß man sie für Inseln gehalten, von
einem solchen Umfange, daß manches deutsche Land darauf Platz hätte.
Stehen sie noch fest, dann mag sich der Schiffer nicht bloß an ihrer
Form ergötzen, an ihren Eisbergen und Eisthälern, an ihren Eis-
schlöffern und Eisgrotten; zum Aufjauchzen entzückt ihn auch das kühne
Farbenspiel dieser Inseln. Das stechend blendende Weiß des Schnees
wechselt mit dem völlig durchsichtigen Krystall des Eises, das im hellen
Strahl der Sonne alle Regenbogenfarben tausendfach um sich streuet.
Auch an lebendigen Wesen fehlt es nicht ganz. Jene Schlösser und
Thürme, jene Höhlen und Thäler, von Seehunden und Seerobben
werden sie bewohnt, die sich im Winter auf dem Eise herumtreiben;
von Eisbären werden sie durchstreift, die mit ihnen von einem Erdtheile
zum andern wandern; von Eis- und Sturmvögeln werden sie besucht,
die ihren Durst in dem süßen Wasser der Teiche löschen, welche in der
kurzen, immer erleuchteten Sommerzeit entstehen. Diese Bilder erstrecken
sich jedoch nicht weiter nach Norden, als bis zum 82. Grad. Von
hier bis zum äußersten Pole scheint alles Eis festzustehen, das ganze
Gefild ein ewiges, unveränderliches Einerlei zu sein mit Grabesstille
und Todtenschauer. Aber wehe, wenn jene starren Riesen Leben und
Bewegung bekommen, wenn Sturm und Fluth sich noch mit ihrem Vor-
rücken vereinen. Vor Kampfeslust schäumend, schicken sie mit schnell auf
einander folgenden Donnerschlägen die Wogen hämmernd voraus an die
Planken des Schiffes und rücken, wie ihrer Macht sich bewußte, stolze
Streiter mit eben so viel Majestät als Getöse nach. Hülflos treiben dann
die Schiffer umher, jede Sekunde kann die letzte sein, der nächste Augen-
blick Vernichtung oder Rettung bringen. Hier, inmitten des empörten
Elements, kann der Mensch nichts unternehmen; er muß zusehen, wie
die freundlichen und die feindlichen Eisschollen um ihn den furchtbaren
Kampf kämpfen und es den Schutzgeistern seines Schiffes überlassen,
ob sie ihn aus der gefahrvollen Schlacht unversehrt herausführen. Ge-
schieht es, daß die Eisinseln zerschellen, so wird das Meer dadurch oft
in eine so stürmische Bewegung gefetzt, daß die größten Schiffe, welche sich
in der Nähe befinden, dem Untergange nahe gebracht werden können,
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat]]